TANOD SAIBOT
Artworks
Information
Prologe ermöglichen unterschiedliche Einstiege: Sie können Intentionen erläutern, aber auch die Handlung relativieren und das Publikum desillusionieren. Hier scheint die Aufgabe der Schutzmatte vor allem darin zu bestehen, die Aufmerksamkeit auf den Status der Malerei zu richten. Die Matten werden zu Bildoberflächen umwandelt. Obgleich handelsübliche und zudem noch billige Produkte, werden sie durch einen aufwendigen Bearbeitungsprozess – ähnlich wie beim Siebdruck wird vom Motiv eine einzige Kopie hergestellt – aufgewertet. Zudem führen sie Figuration ein, allerdings als Appropriation von leeren Umrissen. Sowohl Figuration als auch Produktion sind zwei historisch besetzte Topoi im malerischen Diskurs der Nachkriegszeit. Die Schutzmatten als Prolog zu eben diesem Diskurs auszulegen, ist als Strategie ebenso gewitzt wie klug gewählt, vor allem deswegen, weil der Diskurs stets aufgebraucht erscheint.
Der Verweis überrascht nicht, da im Hauptraum der Galerie vier großformatige abstrakte Stoffbilder hängen (No Title I-IV (Mod. 404) (2014)). Ihre Farbschemata sind zwar unterschiedlich, aber die Bilder sind identisch strukturiert – sie alle bestehen aus breiten horizontalen Streifen mit je einem Kreis in der unteren Hälfte. Trotz der grellen Farben wirken die Oberflächen ausdruckslos. Dafür sorgt die industrielle Herkunft der Materialien und die Professionalität der Herstellung: Präzise von Schneidern aneinander genäht, lassen sich die robusten Polyesterstücke perfekt auf die Metallrahmen – ein Standardsystem der Firma Alustretch – spannen. Auch die Farbwahl scheint sich mehr an einem standardisieren Designkonzept zu orientieren als an einem persönlichen Geschmack oder anderen ästhetischen Attitüden. Dabei ist die Assoziation des Kreises mit einer untergehenden – oder, je nach Farbschema, aufgehenden – Sonne unvermeidbar, was hier nichts anderes als eine Parodie auf den Pathos der modernistischen Farbfeldmalerei ist.
Donats Thema ist die Selbstreferentialität der Kunst – nicht allein in der modernistischen Malerei der Nachkriegszeit, sondern auch in der zeitgenössischen, hermetisch angelegten künstlerischen Produktion und ihrem Diskurs, die sich letztlich in endloser Austauschbarkeit verlieren. Seine Strategie ist es, den Bezug auf sich selbst auf verschiedene Ebenen zu entfalten und dabei einen Leerlauf zu simulieren. Dies ist bereits strukturell in der Ausstellung angelegt, die genau genommen aus zwei Elementen besteht, nämlich den Matten im Obergeschoss und den Stoffbildern im Untergeschoss – Donat sieht davon ab, ein bedeutungsschweres drittes Element aufzunehmen, das eine vermeintliche Dialektik auflösen würde. Im Pressetext zur Ausstellung führt er seine Auseinandersetzung mit dem Thema fort: Sämtliche Inhalte stammen aus einem anderen Text, den er in Textbausteine zerlegt und wie eine Collage neu zusammengesetzt hat und nun, unter Verschleierung der Herkunft, auf sich selbst bezieht. Und schließlich im Ausstellungstitel: Es ist der Name des Künstlers, rückwärts geschrieben. Dies ist nur konsequent, da die binäre Kodierung der Ausstellung ein inhaltliches Vakuum erzeugt.
Eine solche Strategie zeichnete sich bereits in früheren Arbeiten des Künstlers ab, die industrielle Produktion und Subjektivität in der Abstraktion zu vereinen suchten, nur um im Leerlauf zu enden – wie die monatelang prominent im Frankfurter Bahnhofviertel am Balkon des Kunstraums Lampione installierten Ritterfahnen You know I know you know (2014) mit den aufgenähten Worten „True/False“ und „Real/Fake“. Dies gilt auch für die früher verwendeten Comic-Figuren, die Smiley-Prints in seiner ersten Einzelausstellung !“§$%&/() von 2012 und das handelsübliche Geschenkpapier, in diversen Farben auf PVC aufgezogen. Sie alle beanspruchen für sich universale Einsatzbarkeit – Emoticons können scheinbar gleichförmige Gefühle abstrakt darstellen, Geschenkpapier kann alles umhüllen. Darin steckt Humor, der uns nicht in den Eskapismus führt, sondern dazu, Oberfläche gelegentlich als oberflächlich zu identifizieren.
Text: Viktoria Draganova