EMOTIONAL JETLAG
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Vom 5. Februar bis 19. März zeigt die Galerie Philipp Pflug Contemporary die vierte Einzelausstellung des Frankfurter Künstlers Stehn Raupach unter dem Titel EMOTIONAL JETLAG.
„Mich interessierte, wie minimal das Bild sein kann! Ich stelle mir häufig die Fragen: Wie wenig ist genügend? oder: Wie relevant ist wenig? - Die leere Fläche ist für mich dabei auch ein Zeitgeber - Zeit, die es braucht, um zu fühlen und zu denken. Diese Leere fokussiert, entspannt und regt mich häufig an.“
Die aktuellen Gemälde Stehn Raupachs sind im Motiv auf wenige monochrome, geometrische Flächen und Formen ohne räumlicher Umgebung reduziert. Diese Formen scheinen kohäsiv, sich einander anzuziehen, miteinander zu interagieren und Agglomerate zu bilden.
In einzelnen Flächen sind kleine Objekte zu erkennen, wie beispielsweise die Bullaugen in den beiden, vertikal übereinanderliegenden, runden Flächen in N.EG., das Holzhaus in N.NÉ., die Holzmauer mit Busch in N.KE. oder die beiden geisterhaft erscheinenden Köpfe, sowie der kryptische Schriftzug in N.HÁ. Die Ton-in-Ton gehaltenen Motive sind Erinnerungen; Vorlage sind u.a. die sogenannten „Margarinefiguren“, Figuren aus Kunststoff, die es zwischen 1950 bis 1954 hauptsächlich in den deutschsprachigen Ländern als Produktzugabe zu Margarine gab.
Diesem Verbund aus Formen, Flächen, sowie kleinen Motiven haftete etwas Surreales an. Scheinen sich in den neuen Gemälden die einzelnen Elemente einander anzuziehen und so die Grundlage komplexer Strukturen zu bilden, wirken die im chromatischen Effekt gemalten Bilder sich aufzulösen, zu verflüssigen und zu zerfließen. Vorlagen sind hier zumeist persönliche Fotografien, die am Computer in Bildbearbeitungsprogrammen nach Schematisierungsverfahren überarbeitet und verändert wurden.
Die aktuellen Arbeiten scheinen im Vergleich zu den chromatischen Gemälden farbiger, Raupach reduzierte jedoch seine Farbpalette auf etwa einen Dutzend, überwiegend dunkle Pigmente. Ein Pinselduktus ist in den neuen Gemälden Stehn Raupachs ebenso nicht zu erkennen. Linien scheinen sich aufzulösen. Die Unschärfe wird nach Auftrag der Ölfarben durch das wiederholte Tupfen eines stumpfen Pinsels erzeugt. Das Ergebnis ist eine Weichzeichnung des Bildes. Hierdurch wirkt das Bild rätselhaft, romantisch oder traumhaft. In den letzten Jahren hat Raupach nun eine Maschine entwickelt, die ihm dabei unterstützt, diese Weichzeichnung zu erzeugen.
Unter dem Titel EMOTIONAL JETLAG sind Gemälde zu sehen, die zwischen 2020 bis 2022 entstanden sind. Ein Jetlag ist eine vorübergehende Befindensstörung und bezeichnet die Schwierigkeit des Körpers, seinen natürlichen, biologischen Rhythmus nach einer Reise anzupassen. Nach Perioden intensiver Emotionen und Ängste gehen Geist und Körper in einen emotionalen Jetlag-Modus über. Man fühlte sich wie Falschgeld - nicht richtig hier, nicht richtig da - Emotional ausgewrungen und mitunter distanziert. Wir alle haben in den Pandemie-Jahren dies erlebt. Unser zwischenmenschliches Miteinander ist anfangs zum Erliegen gekommen. Nun sind wir dabei, diesen emotionalen Jetlag zu überwinden.
Bernd Reiss
Philipp Pflug Contemporary is showing its fourth solo exhibition of the work of Frankfurt artist Stehn Raupach under the title EMOTIONAL JETLAG from 5 February through to 19 March 2022.
“I was interested in seeing how minimal a painting can be. I often ask myself: How little is enough? Or: How relevant is little? The empty space is also a timer for me – giving me time that I need to feel and think. This emptiness focuses, relaxes, and often stimulates me.”
In terms of theme, Stehn Raupach’s current paintings are reduced to just a few monochrome, geometric surfaces and shapes divorced from spatial context. The shapes appear cohesive, they seem to be interacting with and attracting each other and forming agglomerates. Small objects can be made out on individual surfaces, such as the portholes in the two round surfaces sitting one directly above the other in N.EG., the wooden house in N.NÉ., the log wall with bush in N.KE., or the two ghostly heads and cryptic writing in N.HÁ. The monochromatic subject matter is memories; based, among other things, around the so-called “margarine figures” made of plastic that were added to margarine packets as collectibles in German speaking Europe between 1950 and 1954. There is something surreal about this grouping of shapes, surfaces, and small scenes. While in the new paintings the individual elements appear to be attracting each other and, in this way, forming the basis of complex structures, the paintings showing a chromatic effect seem to be dissolving, liquefying, melting away. These tend to be based on personal photographs which the artist reworks digitally in image processing programs using schematization procedures. In comparison to these older, chromatic paintings, the new works appear more colorful: Yet Raupach has even here reduced his color palette to only about a dozen predominantly dark pigments. Brush marks also continue to be absent from Stehn Raupach’s new paintings. Lines appear to dissolve. The blurring effect is achieved through repeated dabbing of the oil paint with a blunt brush after application. The resulting soft focus in the image gives it a mysterious, romantic, or dreamy quality. Over the recent years Raupach has developed a machine to help him achieve this softening effect.
Paintings made between 2020 and 2022 can be seen under the title EMOTIONAL JETLAG. A jet lag is a temporary physiological condition related to the difficulty the human body has in adjusting its natural, biological rhythm after a trip. After periods of intense emotion and anxiety, the mind and body can also go into emotional jet lag mode. You feel awkward and out of place – not quite here, nor there – emotionally wrung out and a little distanced. We all experienced it in the pandemic years. Our interpersonal interaction initially came to a standstill. Now we are in the process of overcoming the emotional jet lag.
Bernd Reiss