Sign Activity
Artworks
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Man betritt einen Waschsalon, Schmutzwäsche in einem großen Beutel. Im Waschsalon gibt es nicht viel zu sehen: ein paar Sitzgelegenheiten, einen Automat für Waschmittel, Schilder, die einen daran erinnern, seine Wäsche nach Farbe zu sortieren, sich nicht auf diese Theken zu setzen, nicht zu rauchen. Man sortiert nach Farben, befüllt Maschinen. Man hat sein Buch vergessen und langweilt sich, starrt die Maschinen an, während sie die Kleidung waschen, schaut auf sein Handy, starrt wieder die Waschmaschinen an, dann die Decke – und merkt dabei nicht, wie die Maschinen zurückstarren.
Jagoda Bednarskys neue Arbeiten – zu denen auch die beiden Malereien Nuddlegg und Snodgrass gehören, benannt nach Charakteren in Stanisław Lems The Star Diaries – setzen genau hier an: Beim Blick, der von den Dingen auf uns fällt. In den zwei Arbeiten in Öl auf Leinwand sitzt jeweils mittig ein großes, detailgenau ausgearbeitetes Waschmaschinen-Auge, umgeben von lockeren Pinselstrichen, die an die rotierende Bewegung von Kleidungsstücken während des Waschvorgangs erinnern. In ihrer Ausstellung Sign Activity in der Galerie Philipp Pflug Contemporary hängen die Bilder mit den beiden tiefen, dunklen Kreisen und den federig-wirbelnden Hintergründen nebeneinander wie ein mahnendes Augenpaar. Diese Gemälde scheinen sich nicht damit zufrieden zu geben von uns, den Betrachtern, angeschaut zu werden – und es scheint hier auch nicht darum zu gehen, ihnen beim Schauen zuzugucken – wir spüren vielmehr, dass wir beobachtet werden, und dass dieser Blick, der uns trifft, uns langsam und subtil verändert.
Auch in zwei weiteren Bildern in der Ausstellung setzt die in Brüssel lebende Künstlerin sich mit dieser Thematik auseinander. Allerdings fokussiert sie hier auf ein weit traditionelleres Sujet: Den Gockel. Der durchdringende Blick aus dem uns jeweils zugewandten Auge der beiden imposanten Vögel, die hier als naturalistisch gestaltete Büsten in Seitenansicht vor sanft-pastelligem Hintergrund präsentiert werden, scheint uns durch den Raum zu folgen. Die Gemälde hängen sich gegenüber, so dass wir im hinteren Ausstellungsbereich dem unnachgiebigen Blick der Hähne ausgeliefert sind – die Situation erinnert an Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen. Währenddessen weisen die Schnäbel des Federviehs auf ein großformatiges Bild, das zwischen ihnen hängt, und das, als Pendant zu einem weiteren Bild in der Ausstellung, eine Art organisches Netzgewebe zeigt. Das graue, schwammgewächsartige Netz vor bewölkt-grauem Hintergrund trägt fünf blaue, pyramidenförmige Objekte in sich und wird durchwoben von einem roten Bindfaden. Im Gegenstück, dem Gemälde Anthropivy, das in der Mitte des Ausstellungsraums hängt, treibt Bednarsky dieses Spiel zwischen Natur und von Menschenhand gemachtem Ding weiter, indem sie eine Efeuranke in die fleisch- bis rosafarbene Netzmasse hineinwachsen lässt. Auch, was in einem weiteren Bild wie grob gewebtes Papier vor kariertem Hintergrund aussieht, lässt an den Gegensatz zwischen maschineller Arbeit und Handarbeit denken – vielleicht arbeiten die Maschinen hier aber auch nur absichtlich gefühlsbetont um uns zu verwirren, während im Hintergrund dezidiert flächige Banner und Blätter herabschweben. Es kann sein, dass wir uns im Internet befinden, aber es fühlt sich viel haptischer an als sonst.
Die neuen Arbeiten von Jagoda Bednarsky wiedersprechen unserem anthropozentrischen Blick. Objekte sind hier weder unbeseelt noch tot, Tiere und Dinge haben Handlungsmacht. Illusionen werden gebrochen und neu aufgebaut. Und jedes Objekt, das uns anschaut, hinterlässt in uns eine Spur, scheint uns in irgendeiner Art zu formen. Diese Gemälde sind nicht einfach kommunizierende Zeichen, sondern Hybrid-Objekte, die ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben.
Marc LeBlanc
You walk into a laundromat with a big bag full of dirty washing. There’s not much to see in the laundromat: a few benches, a detergent vending machine, signs telling you to sort your washing according to color, not to sit on the counters, not to smoke. You separate your washing by color and throw each load into a machine. You’ve forgotten your book, and you’re bored. You stare at the machines as they wash your clothes, check your phone, then stare at the washing machines again, then at the ceiling – and you don’t notice that the machines are staring back at you. And it is precisely this gaze resting on us from objects which Jagoda Bednarsky’s new work –including the paintings Nuddlegg and Snodgrass, named after characters in Stanisław Lem’s The Star Diaries – takes as a starting point. The two pieces in oil on canvas each feature a large washing machine eye in their center, painted in detail and surrounded by loose brushstrokes reminiscent of the rotating movement of garments during the wash cycle. In her exhibition Sign Activity at gallery Philipp Pflug Contemporary, the paintings with the two deep, dark circles and the feathery-swirling backgrounds sit next to each other, forming a pair of admonitory eyes. These works don’t seem content with being looked at by us, the observers – incidentally it seems like neither are they about watching others observe – but rather, when faced with these paintings, we sense that we are being watched, and that this gaze is slowly and subtly changing us.
The Brussels-based artist elaborates on this theme in two further pieces in the exhibition. But here she focusses on a rather more traditional subject: the rooster. The two proud birds, presented as naturalistic busts viewed in profile against soft, pastel colored backdrops, each turn one eye towards us and seem to be following us through the room with their penetrating stare. The two paintings are hung opposite one another, such that the entire back area of the exhibition space is covered by the roosters’ unyielding gaze – the situation is reminiscent of video surveillance in public spaces. The cockerels’ beaks point towards a large painting hung between them which, like its counterpart in show, features an organic-looking mesh of sorts. The grey, sponge-like netting set against a cloudy grey background holds five blue, pyramid-shaped objects and is interwoven by a red twine. The corresponding piece, titled Anthropivy and hung in the center of the exhibition space, sees Bednarsky push this play between nature and handmade object even further. Here, she lets ivy creep across a fleshy-pink mass of netting. We are also reminded of the contrast between automation and manual work in a further painting showing what seems to be loosely woven paper in front of a checkered background – although it is possible that the machines are here intentionally including emotive glitches in order to confuse us, while decidedly flat banners and leaves float downwards in the background. We might possibly be in the internet here, but it feels a lot more haptic than it usually does.
Jagoda Bednarsky’s new works counter our anthropocentric gaze. Objects are here neither inanimate nor dead, animals and things have agency. Illusions are ruptured and new ones are built up. And every object looking out at us seems to leave behind a trace in us, seems to shape us in some way. These paintings are not merely communicating signs, but hybrid-objects that have developed a consciousness of their own.
Marc LeBlanc