IMAGE VISION
Artworks
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"Image Vision". Ein vermeintlich eindeutiger Ausdruck – und doch entlarvt das "Googeln" des Titels wieder einmal die Problematik einer sinnvollen Kombinatorik der angeblich "allwissenden" Suchmaschine. Die Maschine spuckt uneindeutige Begrifflichkeiten wie "Bild-Vision", "Bilderkennung", "Bildverarbeitung" und "Bildverständnis" aus. Vor allem der Begriff der "Vision" irritiert, denn dieser reicht über das bloße Sehen, die optische Erscheinung hinaus. Wie ist diese Transmedialität mit der doch so "leibhaftigen Malerei" (Georges Didi-Humberman, 2002) und ihrer Bildlichkeit vereinbar?
Die Welt besteht aus Bildern und Bilder haben kein Ende. [...] Bloß das, was man sieht, ist offensichtlich nie das, für was man es zunächst hielt. Undeutbar entziehen sich vermeintlich eindeutige Referenzen im Gewebe der sich überlagernden Bildtexturen. Erst im Zusammenspiel der Motive, Farben, Gesten geben sich nach und nach JAGODA BEDNARSKYs Bezüge zu erkennen. Denn zwischen den gefundenen Vor- und ihren voll Kalkül konstruierten ›Nach‹-Bildern erzeugt sie etwas Neues, das die Geschichte aktualisiert.
Dieses Neue ist ihre Gegenwart, ihr Empfinden, ihre Erfahrung – seien dies das ›Schattenland‹ des Mutterseins, ›symphonische‹ Milchpumpen inklusive, zweifelnde Selbstbilder und psycho-physischer Wellness-Wahn, Voyeurismus, kokette Maskenspiele und Art Deco-Magazine, weibliche Rollenklischees oder versiegelte Buchobjekte, deren verheißungsvolle Titel etwa "J. Bednarsky" lauten oder die zweite Bände haben, ohne das überhaupt klar wäre, worum es im ersten ging. [...]
– Christian Malycha
Alles, was geschieht, geschieht nur einmal. Situationen, Begegnungen, Gefühle, Erinnerungen, alles schwindet. Unaufhaltsam. Und doch ... trifft uns die Welt. Unentwegt. Nur braucht es Zeit, um zu realisieren, was wir erfahren haben. ANDREAS BREUNIGs Malerei entfaltet diese Zeit. Die Bildfläche liegt offen. Auf weißem Grund, fast wie im Gegenlicht, löst sich jede Gegenständlichkeit. Auf seinen "Hi>°<LoRes"-Bildern treten die Dinge zurück und die Farbe kommt hervor. Subtil legt Breunig diese Auflösungsgrade an. Dort, wo die vermeintliche Materie porös, dunstig oder unscharf wird, erscheint die Farbe selbst konzentriert, klar und licht.
Was aber sehen wir auf seinen Bildern? [...] In unzähligen Schichten blendet er die Bildpläne ineinander. Als wären es Folien, Vorhänge oder Draperien sind sie perspektivlos auf die Fläche gelegt, hoch aufgezogen und offensiv an die äußerste Oberfläche gebracht. Darin Robert Delaunays Fenêtres oder Günther Förgs Spieglungen vergleichbar richten sich die Bilder auf und wenden sich uns entgegen. Eine durchaus körperliche Erfahrung, die Breunig noch zu steigern weiß, indem er die Bilder installativ in den Raum bringt und den Betrachter gewissermaßen mit ihnen umstellt. Sein Bildraum greift physisch über sich hinaus und wird zu einem Raumbild, das nicht nur uns umfasst, sondern sich mit voller Erfahrung dem konstanten Weltverlust widersetzt.
– Christian Malycha
Zur aktuellen kunsthistorischen Einordnung von VIVIAN GREVEN, ließe sich eine Matrix aufspannen aus sechs Elementen: erstens der exzellenten Handwerklichkeit (Hw) einer konzeptionell-plastisch geprägten Malerei, in der fein ausgearbeitetes Inkarnat auf monochrome Farben und Volumen auf körperlose Fläche träfen. Zweitens wird die Atemporalität (At) und drittens die Hybridität (Hy) der Arbeiten herausgestellt: die Rekombination unterschiedlicher Stilkonzepte, verbunden mit der Auflösung von Hierarchien zwischen Original, Reproduktion und Simulation. Viertens wird auf die malerische Betonung einer scherenschnittartigen Zwischenräumlichkeit (Zw) verwiesen (als Abwesenheit des Anderen im Sinne einer Spur) und fünftens auf die Rolle, die unsere Leiblichkeit (Lb) für Denken, Wahrnehmung, Bewusstsein und unser gesamtes In-der-Welt-sein spielt, immer verbunden mit (sechstens) der Frage nach dem Antlitz (Al) des Anderen. Dazu schreibt Emanuel Levinas 1): "Die Liebkosung ist die Einheit der Annäherung und der Nähe. In ihr ist die Nähe auch immer Abwesenheit. Worin anders besteht die Zärtlichkeit der geliebkosten Haut als in dem Bruch zwischen der Gewärtigen und der Gegenwart?" Noch im Bruch wird eine grenzverbindende Transjektivität erzeugt, deren Echo sich in der welterzeugend matrixialen Zwischenräumlichkeit der Arbeiten von Vivian Greven spiegelt, die damit auf höchst aktuelle Weise ästhetische und ethische Fragen unsere Zeit verknüpft.
1) Emanuel Levinas, Sprache und Nähe, in: Die Spur des Anderen, Freiburg, 1999, S.283
– Georg Herzberg
Pool-Bilder kennt die Popkultur von David Hockney, schwimmende Banknoten von Nirvana. 1991 veröffentlichte die Grunge-Band das Album "Nevermind", auf dessen ikonischem Cover ein Baby nach einem Dollarschein zu tauchen scheint, der an einem Angelhaken hängt. Strassburger, 1983 in Meißen geboren, stand kurz vor der Pubertät, als das Album um die Welt ging. [...] Aus HENNING STRASSBURGERs Bildern spricht beides: Die Faszination für das Authentizitätsversprechen der Popkultur und die Skepsis vor ihrem Kalkül, ihren Lügen. Was damals Nirvana und MTV, sind heute Justin Bieber und Instagram, wo täglich Millionen Bilder hochgeladen und gefiltert werden. Wie also positioniert man sich als Künstler in den massenmedialen Bildwelten? "Man sieht nicht mehr unschuldig, also kann ich es als Maler auch nicht", sagt Strassburger. Und: "Ein paar Gemeinheiten müssen sein, damit ein Bild funktioniert."
Man könne seine Bilder auch als Szenen eines Roadmovies lesen, sagt Strassburger. Aber wie viel Abenteuerromantik ist noch möglich in unserer postheroischen Gegenwart, wie viele weiße Flecken gibt es noch auf der Leinwand? "Das Dripping in meinen Bildern ist genauso formal wie der Pinselstrich. Es wäre ja furchtbar, wenn es mir aus Versehen passiert wäre."
Die verlorene Unschuld der Malerei ersetzt Strassburger durch Ehrlichkeit. Hauchdünn, fast aquarellartig sind seine Leinwände bemalt, kaum einmal gibt es Überlappungen, niemals dicke Farbschichten. Und damit keine Chance für Übermalungen, keine Möglichkeit, irgendwas zu verstecken. „Hosen-Runter-Malerei“ nennt er seinen Stil. Bei aller Selbstgenügsamkeit dieser Bilder liegt darin vielleicht ihre leise Ethik: Für alles was man macht, muss man gerade stehen.
– Sebastian Frenzel
"Image Vision". A seemingly unambiguous expression – yet "googling" the title once more exposes the issue of a meaningful combinatorics of the supposedly "all-knowing" search machine. The machine spits out inconclusive terminology such as "image recognition", "image processing" and the "understanding of images". The term "vision" irritates most of all, as this transcends mere seeing and optical appearance. How may this transmediality be reconciled with the "incarnated painting" (Georges Didi-Humberman, 2002) and its imagery?