one colour
Artworks
Information
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2018, Nr. 65, S. 42
Mond über Malewitsch
"One Colour" in der Frankfurter Galerie Philipp Pflug Contemporary
Anish Kapoor - Verzeihung, aber der Kalauer muss jetzt wirklich einmal sein - wird sich schwarz ärgern, wenn er davon erfährt. Erst vor kurzem hat der Londoner Künstler sich die Rechte an "Vantablack" gesichert, einem Farbton, schwärzer als schwarz, exklusiv für seinen eigenen Bedarf. Und dann kommt Andy Boot daher, ein gerade einmal 30 Jahre alter Australier mit einem noch dunkleren Kolorit, das aller Welt zur selbstverständlichen Verfügung steht, nur dem weltberühmten Anish Kapoor nicht. Mag sein, das ist nicht eben zum Schenkelklopfen komisch. Doch für die Welt der Monochromie, die die Frankfurter Galerie Philipp Pflug Contemporary anhand eines knappen Dutzends aktueller Arbeiten entfaltet, ist es eine erfrischende und programmatische Pointe. Schließlich verstehen die Vertreter der verblichenen Avantgarden in Sachen Kunst meist keinen Spaß. Bei "One Colour" aber, so der Titel der Schau, ist, wenn schon nicht alles, so doch manches anders. Dabei ist die Spannbreite der vertretenen Positionen trotz des gemeinsamen, auf jeweils eine Farbe gebrachten Nenners groß. Unter den Schöpfern der Exponate finden sich kaum 30 Jahre junge Künstler wie Boot oder James Tunks ebenso wie die konzeptuelle Malerei Mathias Polednas, eine typische Textarbeit Kay Rosens und die "5 Vertical Parts" von Alan Charlton, der seit gut und gerne 40 Jahren ausschließlich graue Bilder malt. Und kaum einmal will die Konzentration auf einen Farbton künstlerisch dasselbe. Die Welt der Monochromie, so lehrt "One Colour" den staunenden Betrachter gleichsam nebenbei, ist nicht nur hinsichtlich des Kolorits, sondern auch der Themen, Formen und Konzepte mehr als alles andere vor allem bunt. Und doch passt alles wunderbar zusammen. Charltons maulwurfsgraue Vertikalen und Stehn Raupachs Verläufe, die sich in Öl auf Leinwand von kalkweiß über betongrau bis schiefergrau entwickeln, Sergej Jensens brombeerfarbene Polyesterarbeit "End of Society" und Rosens knallgelbes Werk "Pain", Lisa Holzers malerische, mit der Kamera in einem Glas voller Karottensaft aufgespürte Verläufe und Tunks fotografische Hommage an das "Schwarze Quadrat" von Malewitsch. Kurzum: Welcher Medien, Mittel und Konzepte sich die Künstler auch immer bedienen - am Ende geht es der Ausstellung mehr als alles andere um die Malerei. Um das Bild und seine Parameter. Das gilt selbst dort, wo der Galeriekünstler Tobias Donat oder der ebenfalls an der Städelschule ausgebildete Jensen für ihre Bilder weder Pinsel noch Leinwand brauchen. Att Poomtangon genügt für seinen noch im Studium bei Tobias Rehberger entstandenen "Moon" sogar ein schlichter Bogen akkurat vernähten Transparentpapiers. Und doch will es dem Betrachter scheinen, als leuchte der dottergelbe Mond nun Tunks, Malewitsch und Charltons strengen Vertikalen gleichermaßen heim. Von Anish Kapoors kohlrabenschwarzem "Vantablack" ganz zu schweigen.
Christoph Schütte